Anmerkung zur ersten Enzyklika Benedikt XVI
"Gott ist Liebe
"

Als im 19.Jahrhundert die christliche Kirche in Europa drastisch ihre Vormachtstellung verlor, war nicht sie es, die das neue Thema setzte, sondern die bildende Kunst. Es war das Thema der Technik, der abstrakten Kunst. Rationalität wurde Trumpf. Gott als Repräsentant der Liebe und der Emotion wurde für tot erklärt. Der neue Stil der bildenden Kunst wurde die Lieblosigkeit, bis heute.
Wie reagiert die christliche Kirche darauf?

Wenn Gott Liebe ist, wie es Papst Benedikt XVI zum Thema seiner ersten Enzyklika macht, so gilt das nicht nur der Liebe Gottes zum Menschen und der Menschen untereinander. In der Schöpfungsgeschichte der Bibel lesen wir vielmehr, dass Gottes Liebe während der ersten vier Schöpfungstage dem Anorganischen galt, nämlich Erde und Meer, dem Licht und der Erschaffung der Gestirne. Gott schuf aus Leere und Finsternis das Weltall, und er war zufrieden mit seiner Schöpfung. Gott hatte sie liebevoll gestaltet und er sah, daß sie gut war.

Die Gegenwart des Gottes der Liebe ist uns in unserer modernen, von der Technik des Menschen geprägten Welt, fremd geworden. Und doch ist es vernünftig, das entstandene emotionale Defizit zu erkennen und entsprechende emotionale Lernprozesse in Gang zu setzen, um dieses Defizit auszugleichen. Die Kirche müßte dem Menschen helfen, ein liebevolles Verhältnis zum Anorganischen (das ja von Gott geschaffen wurde) und somit auch zur Technik zu gewinnen.

Vielleicht ist es kein Zufall, daß der neue Papst Benedikt XVI (Hochschul)lehrer ist, der nicht allein von rationaler, sondern auch von hoher schöpferischer emotionaler Intelligenz ist. Er mag in der Lage sein Anstöße zu geben, um den Gott der Liebe in unserer High-Tech-Gesellschaft aufzuspüren und mit ihm in das dringend notwendige Gespräch zu kommen.

 

Dr.med. Barbara Leuner
Psycho-Analytikerin

im Juli 2006

 



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